Die Suche nach Antworten in Sachen Swift-Ban gegen Russland

Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat viele Emotionen geweckt und führt zwangsläufig zur Frage, wie man darauf reagiert. Ich habe bei Twitter viel zu viel Zeit verbracht und nutze diesen Blogeintrag einfach, um einige Gedanken zu ordnen und Fragen in den Raum zu stellen. Es soll dabei jetzt nicht um den Konflikt als solches gehen, sondern in erster Linie um die Frage des Ausschlusses Russlands aus dem SWIFT System.

Ich bin ein absoluter Laie, was diese Bankenfrage angeht und womöglich werde ich in wenigen Tagen vieles aus diesem Beitrag anders sehen, aber es fehlen mir einfach Antworten, um jetzt zu einem anderen Schluss zu kommen, als dass es diesen Ausschluss braucht – vor allem auch als Signal an Putin. Ich glaube die Diskussion darum schadet schon dem Druckmittel, weil es eine gewisse Spaltung in dieser Frage suggeriert.

Also soweit ich es verstehe, schließt ein Ausschluss das russische Banksystem vom internationalen Markt ab, weil keine Kommunikation mehr stattfinden kann. Geldflüsse (die im Kern Einträge in Datenbanken sind) werden nicht mehr erfasst. Wahrscheinlich extrem verkürzt, gerne kann man mich korrigieren.

Daraus ergibt sich zwangsläufig das Problem, dass weder russsische Personen oder Firmen Geld nach Deutschland schicken können, noch andersherum. Also einfach gesagt: Wir können Rechnungen aus Russland nicht bezahlen, aber deutsche Firmen bleiben – zumindest aktuell – auch auf Forderungen sitzen.

Argumente gegen den Swift-Ban?

Eine der Fragen ist darum sicherlich, was dies für wirtschaftliche Folgen hat. Bei Twitter geisterte gestern eine Zahl von 50 Milliarden Euro durch den Raum, die Russen bei deutschen Firmen haben. Zudem steht im Raum, wie Öl- und Gaslieferungen aus Russland bezahlt werden sollen.

Ganz theoretisch bleiben Forderungen ja auch bestehen, wenn man sie aus technischen Gründen nicht bezahlen kann, dann müssen andere Wege gefunden werden zur Zahlung oder diese Ausstände nach Ende des Swift-Ban eingetrieben werden. Aber klar, es wäre wahrscheinlich naiv zu glauben, dass Russland eben auf Pump weiter Gas und Öl liefert. Folgen für die eigene Wirtschaft und Bevölkerung damit nicht ausgeschlossen.

Viele Leute, die ich lese sind bereit das zu tragen, aber wie stark sind die Folgen? Robert Habeck wird zitiert mit Aussagen, dass der Vorrat aufgefüllt sei und wir diesen Winter klar kommen. Aber wie lange wirklich? Gibt es Alternativen? Oder sind dies die Fragen, die die Bevölkerung so verunsichern würden, dass man darum als aktuell offenbar einziges Land den Swift Ausschluss blockiert?

Annalena Baerbock hat gestern noch eine andere Darstellung gewählt und das Problem für Zahlungen nach Russland auf eine kleine Ebene geschoben: Student:innen hier, die ihren Großeltern in Russland Geld schicken, damit diese über die Runden kommen oder pauschaler die Finanzierung und Unterstützung von NGOs in Russland. Dies würde dort zu einer Breitenwirkung kommen, die man vermeiden will und stattdessen gezielte Sanktionen nutzt.

Also mal abgesehen davon, dass gezielte Sanktionen und Swift-Ausschluss sich nicht ausschließen, war ich Annalena für diese andere Sichtweise sehr dankbar und sie hatte mich auch kurz überzeugt, aber sie passt am Ende für mich nur sehr begrenzt: Beim Iran – den sie als Beispiel genannt hat – mag es sein, dass die Wirkung unverhältnismäßig war wegen des Atomabkommens eine solch breite Wirkung zu erzielen. Aber hier?

Wirkt es nicht seltsam, wenn man dieses Mittel nicht nutzt, um Zahlungen an arme russische Menschen zu schützen, während in der Ukraine Menschen aufgrund des russischen Angriffs größere Sorgen haben, als mit dem Geld über den Monat zu kommen? Klar, weder sind die Russen als solches Schuld am Krieg, noch verspricht ein Swift-Ausschluss einen Rückzug Russlands, aber dieses Argument verfängt darum auch nur begrenzt.

Und die technische Umsetzung? Wie gesagt: Ich bin Laie, aber soweit ich es mitbekommen habe, greift es sehr schnell, weil eben einfach die Zuordnungen entfernt werden und damit kein Austausch mehr mit russischen Banken stattfindet. Und wenn doch: Gestern gab es ein Video aus der Bundespressekonferenz, in dem gesagt wurde, dass man im Herbst wegen technischer Fragen noch gezögert habe, diese Maßnahme anzudrohen. Aber was ist dann seitdem passiert? Und wenn nichts: Wieso nicht?

Braucht es nicht ein stärkeres Signal?

Und was mir am Ende eben am meisten fehlt ist die Hoffnung in die neuen Sanktionen. Wieso sollte die Verschärfung von Sanktionen, die es in dieser oder ähnlicher Form ja schon gab, plötzlich einen Wandel bringen? Gerade wenn sehr, sehr langfristige Maßnahmen wie die Verweigerung von Ersatzteillieferungen darunter ist. Ist es am Ende nicht nur mehr vom gleichen was diesen Konflikt in den letzten Jahren nicht lösen und den Krieg nicht verhindern konnte?

Ich bin Annalena und Robert sehr dankbar für sehr ehrliche und empathische Statements zum Krieg in der Ukraine. Darum würde ich gerne auch mehr verstehen, wieso alle anderen Staaten Europas in Sachen Swift bereits für einen Ausschluss sind, aber Deutschland nicht.

Mir ist auch schon klar, dass Swift am Ende nur ein Symbol sein kann. Es ist kein Wundermittel. Es wird den Krieg sicher auch nicht von heute auf morgen beenden. Aber es ist die Frage, ob Putin nicht auch ein solches Symbol braucht. Vielleicht muss er das von Annalena so geannte symbolische Breitschwert eben doch auch mal sehen, anstatt nur davon zu hören und zu merken, dass drastisches Handeln auch drastische Folgen haben kann.

Und angesichts der Breitenwirkung glaube ich auch, dass man ein solches Mittel sehr vorsichtig nutzen und schnell wieder beenden muss. Aber wofür sonst will man es noch aufheben und auf dem Tisch behalten? Erwartet man stärkere Kriegsverbrechen oder Einsatz von Massenvernichtungswaffen?