„Eigenverantwortung“ Floskel des Jahres 2021

Irgendwie passt es sehr gut, denn in der Corona-Situation ist der Begriff „Eigenverantwortung“ als Aufforderung schon lange nicht mehr ernst genommen worden. Diejenigen, die diese an den Tag legen, leben seit fast zwei Jahren unter vorsichtigen Bedingungen, während man erleben kann, dass diejenigen, die nichts zur Lösung der Krise beitragen eben genau diesen Begriff nutzen, um ihre „Freiheiten“ einzufordern. „Wenn man Angst habe könne man ja eine Maske tragen“ ist ein Beispiel für diese hinter „Eigenverantwortung“ versteckte mangelnde Solidarität.

Die Akteure hinter der Floskelwolke Udo Stiehl und Sebastian Pertsch haben diesen Begriff nun mit dem Negativpreis der „Floskel des Jahres“ 2021 versehen und dies wie folgt begründet:

Ein legitimer Begriff von hoher gesellschaftlicher Bedeutung wird ausgehöhlt und endet als Schlagwort von politisch Verantwortlichen, die der Pandemie inkonsequent entgegenwirken. Fehlgedeutet als Synonym für soziale Verantwortung und gekapert von Impfgegner:innen als Rechtfertigung für Egoismus.

Begründung aus der PM der Floskelwolke

Man sieht damit, dass nicht Eigenverantwortung als Konzept kritisiert wird, sondern der Versuch mit diesem Begriff Verantwortung zu verlagern und sich vor klaren Ansagen zu drücken.

Nehmen wir mal die „10 Personen Regel“, die als „Einschränkung“ zu Weihnachten und Silvester aufkam: Ich habe in privatem Rahmen glaube ich in den letzten 20 Monaten kaum mit 10 Personen in einem Raum gesessen. Und zumindest in meiner Twitterblase ist das relativ ähnlich gesehen worden. Wie repräsentativ ist, sei mal dahin gestellt, aber worauf ich hinaus will ist wieder das selbe:

Viele Menschen versuchen in diesem Land – durchaus auch aus Eigeninteresse – alles, um die Verbreitung des Coronavirus zu stoppen. Sie tragen Masken, halten Abstand, vermeiden Kontakte. Aber dafür braucht es auch Leitlinien und Unterstützung.

Eigenverantwortung zu fordern und Großveranstaltungen gleichzeitig zuzulassen ist ein widersprüchliches Signal und führt zum einen zur Unterschätzung der Gefahr und dazu, dass man alleine die Konsequenzen für Eigenverantwortung tragen muss beispielsweise wenn Eintrittskarten, Reisekosten, etc. nicht erstattet werden, denn Eigenverantwortung ist eben kein anerkannter Stornierungsgrund.

Was wir brauchen ist eine Politik mit Verantwortung, die den einzelnen durchaus ernstnimmt, aber deutlich macht, dass man diese Krise eben nicht nur mit Eigenverantwortung lösen kann. Man kann sich nicht dahinter verstecken, dass alle schon das richtige tun, dann bräuchten wir auch kein Strafgesetz oder Verkehrsregeln. Es braucht eben Regeln, an die man sich dann eigenvernünftig hält. Und selbst daran scheitert es momentan ja schon…