Don’t look up

Der Netflix Film „Don’t look up“ mit Leonardo DiCaprio und Jennifer Lawrence war in den letzten Tagen in den höchsten Tönen gelobt in meiner Timeline aufgetaucht. Also hatte ich mir heute einmal die Zeit genommen, den Film zu gucken und nebenbei etwas an meinem Lego-Pile-of-Shame zu arbeiten – so ein freier Tag ist ja auch mal ganz nett.

Kurz zusammengefasst: Zwei Wissenschaftler:innen entdecken einen Kometen in direktem Kurs auf die Erde, der so groß ist, dass er eine Auslöschung des Lebens auf der Erde bedeuten würde. Ab jetzt würde es etwas auf Spoiler hinaus laufen, aber anders als Armageddon oder Deep Impact geht es weniger um die Helden, die nun die Welt retten, als um den Umgang mit dieser Erkenntnis und den Wissenschaftler:innen.

Analogie zur Klimakatastrophe

Am Ende ist „Don’t look up“ sicher nicht so grandios, wie ich es aufgrund des „Hypes“ gedacht hatte. Es ist ein gut gemachter Katastrophenfilm mit einigen interessanten Erkenntnissen und Unterschieden zum üblichen Genre.

Es beginnt schon damit, dass die Präsidentin der USA nicht sofort auf das Thema aufspringt und sich zur Retterin der Welt macht, sondern mit einem schmutzigen Skandal verwickelt wird, der interessanter ist, als diese Kometengeschichte. Die kann doch bestimmt bis nach den Vorwahlen warten und überhaupt muss das noch stärker geprüft werden. Lange Bank eben. Das ist natürlich neu für einen Katastrophenfilm und auch ein Bild für den Umgang mit der Klimakatastrophe, bei der wir seit 30 Jahren erleben, dass dieses Problem ignoriert und aufgeschoben wird.

Ein anderer Punkt, der mich zunächst wieder geärgert hat, ist die Zentrierung auf die USA. Wieso agieren nicht andere Staaten früher? Gegen Ende wollen auch einige Staaten vom Kometen profitieren und sich – wortwörtlich – ein Stück vom Kuchen abschneiden, aber abschießen tut ihn niemand. Hat mich wie gesagt erst wieder etwas geärgert, denn als die USA ihre Aktion gestoppt hätten, hätten ja auch andere agieren können. Aber gut, normales Problem der Katastrophenfilme, den Egoismus hat man ja gesehen und vielleicht auch wieder ein gutes Symbol: Beim Klimaschutz erleben wir auch immer, dass auf andere – China – gezeigt wird. Sollen die doch das Problem lösen, wenn die eigene Regierung unfähig ist.

Wo „Don’t look up“ schwächelt

Bevor ich noch einen Verweis zur Klimakatastrophe ziehe, möchte ich aber nochmal betonen, dass man manche Aussagen von „Don’t look up“ nur mit dieser Analogie verstehen kann. Bei Moviepilot hat Lisa Ludwig beispielsweise die Kampagne der Präsidentschaftskandidatin als unlogisches Element versehen, was ich komplett teilen kann. Die Inzenierung sollte bewusst auf Trump anspielen, aber war am Ende auch für mich entweder zu sehr zusammengeschnitten oder zu krampfhaft. Auch die Kritik an der Darstellung der Medien kann ich nachvollziehen. Einen in sechs Monaten auf der Erde einschlagenden Kometen würden die Medien nicht als letzten Punkt in eine Morning Show packen. Gerade auch wegen der Singularität des Ereignisses. Es würde Sondersendung nach Sondersendung geben.

Nur wenn man Klimaschutz als Katastrophe heran zieht, macht es wieder Sinn, denn der landet – wenn überhaupt – als Nebenthemen in den Medien. Aber diese Analogie ist dann schon ein größerer Interpretationssprung.

Technik als Hoffnung

Aber ich möchte noch eine andere Analogie darstellen, die ich in „Don’t look up“ gesehen habe: Der Wunsch nach einer technischen Lösung des Problems. Beim Klimaschutz bemerken wir doch auch, dass seit Jahren andere Technologien als Traum für die problemlose Bewältigung der Krise erhofft wurden und werden. Am Ende verschiebt man das Problem aber nur.

Wasserstoff-Autos sind (noch?) keine Alternative zu Elektromobilität und werden es lange Zeit auch nicht werden. Zumindest nicht beim privaten PKW. Trotzdem wurde mit dieser Technikhoffnung ein Angehen gegen den Klimawandel aufgeschoben. Im Film ist es natürlich etwas anders, weil die Bedrohung deutlicher wäre und die beste Lösung ohne Einschränkungen möglich gewesen wäre. Dort ging es nur um die Hoffnung auf Profit.

Zentraler Punkt des Films ist aber sicher die sich durch den Film ziehende Wissenschaftsfeindlichkeit. Von dem Besuch bei der Präsidentin, über Diskussionen auf Social Media, den Umgang in den klassischen Medien und dem dauerhaften Unglauben über die Existenz des Kometen bis zum letzten Moment, sind dies Entwicklungen, die wir beim Klimaschutz seit Jahren erleben, aber auch bei der Corona-Krise wiedererkennen können.

Fazit

Insgesamt ist „Don’t look up“ darum ein gut anzusehender Film mit kleiner Subbotschaft. Irgendwie hatte ich – katastrophenfilm-typisch – lange Zeit auf die Rettung durch z.B. die Europäer gehofft, aber dann zum Glück eben festgestellt, dass dies natürlich nicht passieren wird. Am Ende versagt die Menschheit in der Krise eben, weil niemand auf Wissenschaft hört oder den Ruf nach Reichtum diese überlagert.

Unser „Problem“ – oder Chance? – ist nur, dass die Klimakatastrophe noch nicht komplett unumkehrbar ist. Wir können zwar aktuell nur schlimmeres verhindern, aber solange nicht die Kipppunkte erreicht werden, kann man noch was erreichen. Das ist die Chance.

Das Problem ist: Wir erleben zwar einen Rekordsommer nach dem anderen, Waldbrände in allen Teilen der Welt und Überschwemmungen, aber noch können viele das mit „aber in den 60ern war es auch mal warm“ von der Tischkannte wischen. Und außerdem: Die heute handelnden werden – sorry – das Hauptproblem nicht mehr erleben. Etwa so, als wenn der Meteor erst in 60 aufschlägt und man heute schon Geld für die Rakete sammeln müsste. Kann man doch auch morgen noch erledigen, oder? Naja, ein erster Schritt wäre es ja immerhin mal auf die Wissenschaft zu hören. Und damit greift der Film einen Frust auf, den Jennifer Lawrence so beschreibt:

Es ist extrem frustrierend, eine Bürgerin zu sein, die an den Klimawandel glaubt und Angst hat, aber ich bin kein Teil davon– du weißt schon, ich kann nicht einen Senator kaufen – wir sind also irgendwie hilflos.

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