Gestern war ein Rollenspielsonntag und zwar nicht mit einem Haussystem von System Matters, sondern mit Sleepaway, einem Rollenspiel von Possum Creek Games. In diesem spielt man Betreuer*innen in einem Sommercamp, welches von einem Lindwurm heimgesucht wird. Als Kind hatte man schon unter diesem zu leiden und nun schützt man selber Kinder und Jugendliche dort.
Sleepaway wird ohne Spielleitung gespielt und man erstellt das Camp und Charaktere zusammen. Bei Charakteren wird auf Playbooks gesetzt wie Athlet*in, Berater*in, Künstler*in oder Musiker*in. Damit werden also verschiedene Rollen im Camp abgedeckt. Für Aussehen und auch Namen nutzt man auf Multiple-Choise-Verfahren und auch die ersten Verbindungen zwischen den Charakteren werden mittels Suggestivfragen geschlossen.
Beim Camp gibt es neben den Unterkünften, dem See, Feuerstelle und ähnlichem auch Orte, die man aus einer Liste wählt, dann auf Karteikarten zeichnet und diese dann auf dem Spieltisch oder noch besser auf einem Kork-Brett platziert. So entsteht schnell eine Stimmung von Camp und dem Umfeld. Auch später werden Karteikarten für Personen und Gegenstände genutzt und spielen auch eine größere Rolle als nur als reine Übersichtskarten. Bei einem im See verschwundenen Gegenstand wird so beispielsweise auch die Karte im Wasser versenkt.
Ein:e Spieler:in übernimmt insgeheim die Rolle des Lindwurms, wobei sich dies darauf beschränkt in (von den Spieler:innen selbst aufgerufenen) Situationen drei Karten zu ziehen, eine davon auszuwählen und dann an einem Ort die mit der Karte verbundene Situation zu erzeugen. Dies ist ein interessantes Element, um zufällige Ereignisse ins Spiel, wenn es wieder etwas „Action“ braucht. Auch hier sind die Ereignisse vage formuliert, so dass die Karten in die Erzählung passen. Wer den Lindwurm übernimmt soll durch geschlossene Augen aber möglichst geheim gehalten werden.
Ansonsten spielt man sich in Sleepaway von Szene zu Szene mit unterschiedlicher Zusammensetzung. Was passiert, ergibt sich aus den Erzählungen und den Spielzügen der Charakteren. Diese können stark oder schwach sind. Bei schwachen Spielzügen bekommt man einen Token, aber verkompliziert die Situation. Bei starken wiederum entspannt man die Lage, schafft etwas oder ähnliches, muss aber einen Token abgeben. Gewürfelt wird in dem Spiel nie, ist aber wie bei vielen Erzählspielen nicht nötig.
Angereichert wird das Ganze durch „Rituale„, die man als kleine Miniszenen verstehen kann, die weitere Regeln haben. Dies kann von dem abendlichen „Wahrheit oder Pflicht“ in dem Camp zwischen Kindern gehen, bis zum großen Finale und dem Kampf gegen den Lindwurm.
Die nicht anwesenden Spieler:innen können NSCs übernehmen, aber auch Umgebungselemente, wie den See, den Wald und ähnliches, die ebenfalls Spielzüge haben und damit die Geschichte voran bringen können. Bei uns gab es beispielsweise den See, der „sich etwas nehmen wollte“ – eine dramatische Szene des Spielabends.
So reihen sich fast automatisch Szenen an Szenen, man erfährt mehr über die Art des Lindwurms und die Bedrohung und puzzelt sich damit die Geschichte zusammen, wie man es von vielen Erzählspielen kennt. Man weiß am Anfang nie genau, wohin es führt und ein kleiner Gedanke kann später das Spiel entscheidend voranbringen, wenn jemand anderes diese Idee aufgreift.
Wir haben Sleepaway heute nur als One-Shot gespielt. Im Normalfall geht das Spiel über mehrere Akte und damit auch mehrere Abende. Dabei werden dann auch verschiedene Kartensets beim Lindwurm genutzt, um seine Bedrohung beispielsweise im ersten – eher einführenden – Akt noch etwas ruhiger zu halten. Beim One-Shot wird man mit einer Szene schneller ins Spiel gebracht und nutzt auch einige andere Regeln. Für die Charakter- und Camperstellung haben wir rund 1,5 bis 2 Stunden gebraucht und dann ca. 4 Stunden eine interessante Geschichte rund um unser Camp erlebt. Mit einem Ende, wo man durchaus in Frage stellen kann, wie happy es den sein mag.